Verfasser: AG Prävention (Philip Zebrowski), Lesezeit: 4 Minuten
Wir freuen uns über den ersten Beitrag in der Rubrik "Deine Erfahrungen zählen!".
Geschrieben wurde er von Philip Zebrowski, einem Physiotherapie-Student aus Köln im 3.Semester.
Wir veröffentlichen die Artikel so, wie wir sie geschickt bekommen, damit sie den persönlichen Stil des Verfassers behalten.
Wenn Sie uns auch Ihre Geschichte, Gedanken oder Erfahrungen Rund um das Thema Prävention und Bewegungsförderung senden möchten, gerne an info@ag-praevention.de!
"Bewegungsförderung aus der Sicht eines Physiotherapiestudenten
Das Erste, was ich im Studium wirklich verstanden habe, lange bevor ich die großen Theorien, Studien und Leitlinien gelesen habe, ist etwas sehr Einfaches. Bewegung ist nicht verhandelbar. Sie gehört zum Menschen dazu wie Schlaf und Ernährung. Ohne sie funktioniert auf Dauer nichts so, wie es sollte.
Seit ich Physiotherapie studiere, fällt mir immer mehr auf, dass Bewegung von vielen trotzdem wie eine zusätzliche Aufgabe behandelt wird. Etwas, das man nur macht, wenn der Tag nicht zu stressig war. Etwas, das man verschiebt, sobald Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder kleine
Schmerzen auftauchen.
Und ehrlich gesagt ging es mir früher manchmal genauso. Ich dachte, Schonung sei das Beste, wenn etwas weh tut. Dass Ruhe automatisch Heilung bedeutet. Dass Bewegung eher belastet, wenn man sich nicht gut fühlt. Dieser Blick hat sich im Studium sehr schnell verändert.
Mit dem Wissen, das ich jetzt habe, sehe ich den Alltag um mich herum mit anderen Augen. Mir fällt auf, wie wenig Bewegung viele Menschen wirklich in ihren Tag einbauen. Und ich spreche dabei nicht von Sport, sondern von den einfachen, normalen Bewegungen, die früher
selbstverständlich waren.
Kinder fahren heute mit dem E Scooter zur Schule statt mit dem Fahrrad. Viele gehen direkt zum Aufzug, obwohl die Treppe daneben ist. Kurze Wege werden oft mit dem Auto erledigt, selbst wenn man sie gut zu Fuß gehen könnte. Manche sitzen stundenlang, ohne auch nur einmal kurz aufzustehen oder sich zu strecken.
Diese kleinen Beobachtungen zeigen mir, wie sehr Bewegung aus vielen Lebensbereichen verschwunden ist. Genau deshalb wird mir immer klarer, wie wichtig es ist, Bewegung wieder als etwas Natürliches zu sehen. Nicht als Extra Aufgabe, sondern als normalen Teil des Tages.
Viele verbinden das Thema Bewegung sofort mit Sport. Mit Training, Jogging oder festen Einheiten, die man extra einplanen muss. Aber genau darum geht es aus meiner Sicht nicht. Sport ist sehr subjektiv. Für manche sind fünf Kilometer laufen normal, für andere ist schon ein
kleiner Rundgang im Garten oder zum Briefkasten eine Herausforderung.
Wenn ich von Bewegungsförderung spreche, meine ich etwas viel Grundlegenderes. Es geht um die einfachen Bewegungen, die früher selbstverständlich waren und heute oft ganz nebenbei wegfallen. Viele bleiben in der Pause lieber sitzen, statt kurz aufzustehen. Manche
fahren selbst sehr kurze Strecken mit dem Bus, obwohl sie gut zu Fuß machbar wären. Und immer mehr Dinge des Alltags lassen sich per App erledigen, ohne dass man sich überhaupt noch bewegen muss.
Diese kleinen Situationen wirken unbedeutend, aber sie haben eine große Wirkung. Sie entscheiden darüber, ob der Körper täglich Signale bekommt, dass er benutzt wird, oder ob er sich langsam an Inaktivität anpasst. Und was ich im Studium besonders lerne: Bewegung ist
extrem individuell. Jeder Mensch hat ein anderes Ausgangsniveau, andere Möglichkeiten und andere Grenzen. Was für den einen völlig normal ist, ist für den anderen schon ein Fortschritt.
Es klingt vielleicht provokant, aber manchmal hilft ein ganz einfacher Gedanke. Menschen, die in höheren Etagen wohnen, bewegen sich im Alltag automatisch mehr. Nicht, weil sie besonders sportlich leben wollen, sondern weil sie jeden Tag Stufen steigen müssen. Genau
solche unscheinbaren Wege halten den Körper oft länger belastbar, selbst wenn man gar nicht bewusst daran denkt.
Und vielleicht muss man auch nicht immer sofort der Oma die Einkaufstüte abnehmen. Natürlich nur, wenn sie sich gut fühlt und es ihr möglich ist. Aber gerade solche kleinen Aufgaben halten viele Menschen stabil und selbstständig. Wenn wir ihnen alles direkt aus der Hand nehmen, nehmen wir ihnen auch wichtige Bewegungsmomente, die früher selbstverständlich waren.
Deshalb sehe ich Bewegungsförderung als etwas Persönliches. Es gibt keinen Standardweg, der für alle funktioniert. Manche profitieren davon, regelmäßig aufzustehen. Andere davon, ein paar Minuten am Tag spazieren zu gehen. Wieder andere von einfachen Übungen, die überall
machbar sind.
Wenn wir diese alltäglichen Bewegungen wieder ernst nehmen, entsteht etwas, das was wir in meinen Augen Prävention nennen."
- Philip Zebrowski, Student der Physiotherapie in Köln im 3. Semester